Project Description
Ich könnte jetzt auch einfach schreiben: Danke liebe LH-Nothilfe für diesen tollen Hund, er hat sich super entwickelt, ich lieb‘ Ihn total und er ist einfach ein Schatz. Auch wenn ich das mittlerweile so sagen kann, bekommt Ihr trotzdem die unzensierte Homestory… Holt euch am besten einen Kaffee, evtl. wird’s lang 😉
Ein Rüde soll‘s sein, noch nicht zuuu alt, da ich relativ aktiv bin und er später u. a. am Pferd mit laufen soll, unbedingt sozialverträglich gegenüber Menschen und Hunden, da ich auf einem Reiterhof wohne und da natürlich immer was los ist, kann auch die pubertätsbedingte Rockerweste an haben (Lust auf Training habe ich) und er darf meine Katzen auf keinen Fall aufessen wollen – das waren so grob meine „Wünsche“.
Sina hatte mir zuvor auch einen anderen Rüden vorgeschlagen, da war die Katzen Verträglichkeit allerdings nicht ganz klar und hier wollte ich keinen Kompromiss eingehen. Ein paar Wochen später dann die WhatsApp; Mambo, verträglich, jung und hatte mit Katzen zusammen gelebt bevor er im Tierheim abgegeben wurde und jetzt seit ca. 3 Wochen bei Manuela auf Pflegestelle sitzt. Nach einem Telefonat mit Manu fuhr ich eine Woche später zu Ihr und wenn‘s passt kommt er direkt mit zu mir nach Hause. Manu lebt auch auf einem Reiterhof und da das kurze Zusammenleben mit Ihrer Hündin und ihrem kleinen Sohn mit Mambo funktioniert hat, waren ja schon mal fast alle meine „Kriterien“ erfüllt.
Die Begrüßung war wie zu erwarten stürmisch, seine Grenzen wollte er auch direkt mal testen, denn er hing mir mehrfach am Arm und probierte aus was so geht…(Rockerweste halt 😉 ). Gut, du willst Regeln? Dann bekommst du sie. Also fuhr Mambo mit mir nach Hause. Da der kleine Aal sich während der Heimfahrt mehrfach aus seinem Geschirr heraus gewunden hat, hat er sich seine frische OP-Narbe am Hals aufgerissen (Ihm wurde ein paar Tage vorher ein Lipom am Hals entfernt). Na super, dann steht morgen direkt unser erster Tierarztbesuch an (wir kamen erst spät am Abend zu Hause an). Es ging also gleich am nächsten Morgen zum Tierarzt. Klar, er war super aufgeregt, alles ist neu, er stand mega unter Strom, was auch deutlich zu hören war. Auf dem Tisch allerdings benahm er sich mehr als vorbildlich und ließ alles mit einem Urvertrauen über sich ergehen.
Die ersten zwei Wochen bestanden aus ganz klaren Regeln wie man sich zu Hause so verhält – meine Arme waren blau, ich sah aus wie misshandelt. Bei jedem Neuen Besucher wurde erneut ausdiskutiert, ob so ein Arm zum drauf rum kauen geeignet ist oder nicht. Die Hausleine die er ab dem ersten Tag an hatte, erwies mir gut Dienste… Auf die Katzen reagierte er erstmal seeehr aufgeregt, essen wollte er sie aber nicht – was ein Glück ☺
Natürlich gestand ich Mambo zu, erstmal alles aufregend zu finden (drinnen, draußen, andere Hunde, Menschen, Pferde). Auch dass er wie ein Irrer an der Leine zog war jetzt fürs Erste – ich sag mal normal. Anscheinend wurde da erziehungstechnisch eben alles verpasst (er konnte „Sitz“) – gut, dann beginnt eben jetzt deine Grunderziehung.
Was sich dann aber leider rauskristallisierte war, dass Mambo scheinbar nie viel von der Welt kennengelernt haben konnte. Er war überfordert mit allem. Es bewegt sich ein Grashalm, ein Vogel sitzt auf einem Feld, ein Auto fährt auf einer Straße, ein Auto fährt an ihm vorbei, Hunde die einfach normal an ihm vorbei spazieren, jegliche Geräusche die die Natur so hergibt, ein Blatt was vor ihm auf den Boden fällt, Fahrradfahrer, Jogger, alles! Ihr kennt sicher diesen ganz bestimmten Blick wenn ein Hund zum Balljunky mutiert – stellt euch diesen Blick vor, nur noch eine Portion irrer. Man konnte quasi zugucken wie seine kleine heile Welt zusammenbrach, sobald er seine 4 Wände zu Hause verlassen „musste“. Ließ man ihm die Möglichkeit, das, was Ihn gerade so beschäftigte, selbst versuchen einzuschätzen, verfiel er entweder direkt in einen Schreikrampf, oder fing an hüpfend wie ein Reh im Kreis um mich herum zu rennen. Sprach man ihn währenddessen an oder versuchte in mit der Leine zu sich zu holen, drehte er sich sofort mit der Erwartungshaltung um, dass hinter ihm was anderes ganz furchtbar aufregendes passieren muss. Tja, was macht man nun, wenn der Hund auch nach 300x den gleichen Feldweg laufen immer noch alle zwei Meter einen Nervenzusammenbruch hat… Klar denkt man erstmal auch an körperliche Auslastung, ist ja ein Jungspund, steht voll im Saft und hat Energie für 10. Wie ihr euch denken könnt war ableinen nicht möglich (ein Auto und er wäre weg…), also ging‘s auch mal an die Schleppleine und ans Fahrrad, bis er dann wohl das erste Reh seines Lebens gesehen hat. Fassung verloren, los sprinten, schreien – bye bye Fingernägel (nein ich lasse diese Leine ganz sicher nicht los)! Nächster Plan, dann gehen wir doch mal in den Garten meiner Freundin, der ist eingezäunt, da kann er mal flitzen. Was bedeutet „Freiheit“ für Mambo? Ich leinte ihn im Garten ab. Als er merkte, dass er sich bewegen kann wie er möchte, ging’s auch schon los – er rannte im Kreis, vergrößerte hierbei seinen Durchmesser, der Blick ging suchend nach oben und als der erste Ast eines Baumes in Sicht war hing er auch schon dran. Ups! Also Hund irgendwie abpflücken, anleinen und die Situation erstmal verlassen… Wir testeten das noch ein paar Mal – er suchte, er fand und er hang… jedesmal. Tja, es wäre doch auch zu einfach, den Hund körperlich mehr auszulasten um Ihn Geistig auf die Höhe zu bringen… Als ich mich das erste Mal mit meinem Trainer zum Einzel traf und er Mambo kennenlernte, hatten wir die „Hänge-Situation“ auch als Übersprungshandlung. Das Wetter war schlecht, der Weg voller Pfützen, mein Trainer machte einen größeren Ausfallschritt über eine Pfütze – das schockierte Mambo so sehr (diese schnelle Bewegung), dass er 1 Sekunde später im Busch neben ihm hing.
War der Hund beim Gassi gehen überhaupt mal halbwegs entspannt? Ja! Nachts um die 4 Ecken durch das Ort – Haus an Haus, kein Grasweg, keine Geräusche, keine Menschen, keine Autos. Dann war er entspannt…
Also was nun? Wir haben in 4 Monaten Wesenstest (Hessen), ich habe zwar keinen gesteigert aggressiven Hund (ganz und gar nicht!), was ist aber mit einem Hund der ansonsten mit seinem Leben nicht klar kommt – und vor allem nicht mehr runterkommt?! Unsere Spaziergänge beliefen sich, so oft ich konnte, mehrmals am Tag und auch Nachts (ich bin berufstätig 😉 ) auf maximal 10-15 Minuten. Mambo wurde zu Hause auf einen Klick konditioniert. Ich verknüpfte also erstmal die nächsten 3 Monate jedes Geräusch, jede Bewegung, jedes Auto, jedes Licht, jedes Flugzeug, jede Grille, jedes Bambi, jedes Blatt, jeden Mensch, jeden Hund. Wir standen im Regen auf der Obstwiese gegenüber unseres Stalles, verknüpften, verknüpften und verknüpften (hier war es immer besonders schlimm, überall Bäume, Gras und Bambis). Wir standen dort im Regen, im Schnee, tagsüber, nachts. Es tat ihm gut, der Klick war wie ein Anker für ihn. Er konnte sich darauf verlassen, dass es OK war, was gerade um Ihn herum passiert (Ihn mit meiner Stimme oder nur Futter zu loben, hätte in Eskalation geendet). Wir saßen 100erte Male auf Parkplätzen von Einkaufszentren. Erst im Kofferraum, dann auch außerhalb des Autos – bis er, zumindest von Einkaufsplätzen, sehr gelangweilt war 😉
So zog sich das ganze also hin die Fortschritte waren klein aber immerhin gab es welche. Oft folgte den kleinen Fortschritten dann meist zwei Tage später wieder ein großer Rückschritt. Und da ich auch nur ein Mensch mit Nerven bin gab es tatsächlich, ca. 1,5 Monate vor unserem Wesenstest einen kurzen Zusammenbruch meinerseits. Viele Tränen sind geflossen, alles wurde in Frage gestellt. Wie viele Wiederholungen bedarf es denn noch, er kennt die Welt doch mittlerweile (Was gab es noch was wir nicht ausprobiert haben)… Nachdem ich gefühlt eine Woche durchgeweint hatte, lief’s dann… Mambo machte täglich riesen Fortschritte. Ich wurde sogar angesprochen wie entspannt er wäre. Und ja das war er tatsächlich. Irgendwas hat wohl „Klick“ gemacht. Das ich jemals so glücklich darüber sein würde mit einem Hund eine 30 minütige Gassi-Runde entlang zu schlendern…
Mambo hat am 21. April seinen Wesenstest bestanden und wurde sehr gelobt. Er benahm sich vorbildlich, orientierte sich an mir, schlenderte mit mir durch eine Innenstadt und machte einen 1A Job.
Kleiner Mämbrisch, mittlerweile bist du „nur“ noch ein pubertierender Rüde in der Testphase. Lernst jeden Tag ein bisschen mehr wie schön die Welt ist, begleitest mich in den Stall, liegst mit mir im Garten, sitzt mit mir im Eiscafe. Du bist so ein lustiger Clown, so gelehrig und arbeitsfreudig. Du bist der größte Kuschler der Welt, der kreativste Innenarchitekt, die lebendig gewordene Biotonne. Ich freu mich auf alles was noch kommt, wer weiß, vielleicht fliegt für dich irgendwann noch eine Frisbee-Scheibe 😉 Ich bin froh, dass genau Du mein Hund geworden bist!